Wann hast Du Dich in Deinem Leben am ohnmächtigsten gefühlt?
Mia Unverzagt portraitiert ihr unbekannte Menschen, die ihr intime Gefühle und Geschichten offenbaren. Es sind Reihen von Portraits jeweils unter gleichen Bedingungen, an einem Ort, einem kleinen Laden oder Container. Sie bittet die Menschen fotografieren zu dürfen, wenn sie sich – meist erzählend - an ein bestimmtes Gefühl erinnern, angezogen in jeweils gleicher Farbe. Es geht hier um das Erinnern, an die eigene Auseinandersetzung, um das Erzählen von Gefühlen, von Verletzungen. Es war Teil der Vereinbarung, dass die Künstlerin nicht über die Inhalte berichtet – wir können nur ahnen und in den Gesichtern lesen. Damit konzentrieren wir uns als Betrachtende der Fotos ganz auf die Unterschiede der Gesichter, auf den jeweiligen Ausdruck. Die Reduktion der äußeren Mittel ermöglicht eine große Ruhe. Und wir beschäftigen uns mit unseren Gedanken zu dieser Fragestellung, denn die Gesichter der Portraitierten sprechen nur zu uns, wenn wir uns selbst Antworten geben: hier werden die Portraits der Anderen zu unseren Portraits, die uns verschlossenen Erzählungen können wir nur mit unseren eigenen füllen.
Wulf Herzogenrath